Ich hatte es euch ja schon angekündigt. Auch ich konnte
meine Neugier nicht zügeln und hab mir ein Buch des bekannten gleichnamigen
Blogs (http://geborgen-wachsen.de/) besorgt. Ich kannte ja schon einige ihrer
Blogposts und freute mich schon sehr darauf nun ihr Buch zu lesen. Während Lämmchen neben mir spielte wollte ich dann nur kurz
einen Blick hinein werfen und zack, schon konnte ich nicht mehr aufhören.
Irgendwann wurde meine Kleine dann auch darauf aufmerksam und wir lasen
zusammen. Gut, natürlich nur kurz. Lämmchen waren da einfach zu wenige
Babybilder drin. Aber sonst fand sie es auch gut. Und vor allem lecker! ;)
Keine Sorge, bevor mein Mädchen das Buch ganz verschlingen
konnte, hab ich es noch fertig gelesen. Und ich will euch heute davon erzählen.
Wie schon viele andere vor mir im Netz. Aber ich schwarzes Mutterschaf lege
meine Aufmerksamkeit wahrscheinlich auf ganz andere Punkte.
Als allererstes: Susanne Mierau ist eine Anhängerin des Attachment Parenting.
Sie möchte möglichst natürlich gebären, stillt, trägt, hält ab, benützt Stoffwindeln, gibt
ausschließlich Fingerfood, ...
und sie schreibt darüber
wie man Geborgenheit schafft. Und sie schreibt nicht nur darüber. Sie schafft
sie selbst. Die Geborgenheit. Beim Lesen. Man fühlt sie, die Geborgenheit. Ich
weiß nicht wie diese Autorin es macht, aber sie schafft es eine klare Richtung
zu geben, dabei aber immer offen, respektvoll und verständnisvoll zu bleiben,
wenn auch mal andere Wege eingeschlagen werden.
Ich habe ein paar einzelne
Punkte herausgepickt, die sich teilweise sehr auf mich persönlich und/oder die besagten
anderen Wege beziehen. Sie spiegeln also nicht die Gesamtheit des Buches
wieder:
„Geborgen gebären, geborgen ankommen“
Bezüglich der Geburt geht die Autorin natürlich überwiegend
darauf ein wie man diese im Idealfall gestalten kann. Aber auch zum
Kaiserschnitt kann sie konstruktiv beitragen: „Jede Mutter wählt die
Geburtsart, von der sie überzeugt ist, dass sie das Beste für sich und das Kind
darstellt“. Sie scheut sich auch nicht Tipps für ein besseres Wohlbefinden bei
einem geplanten Kaiserschnitt zu geben. Desweiteren geht es nicht nur um die
magische erste Stunde Bonding: „Doch auch danach lässt sich Bindung wunderbar
herstellen (…). Es ist nicht so, dass nur diese ersten Stunden zählen und für immer
das Leben beeinflussen. Sie können ein hilfreicher Baustein sein, sind aber
nicht das Fundament der Bindungsfähigkeit.“
„Geborgenheit über Sprache vermitteln“
Eine Basis der Geborgenheit ist für Mierau das Verstehen des
Babys und das Geborgenheit über Sprache vermitteln. Hier habe ich zwei Aspekte
aufgegriffen, die bei mir grade besonders aktuell sind und die ich mir immer
wieder vor Augen halten möchte: „Auch Babys dürfen ihre Lallphase in Ruhe zu
Ende bringen, bevor wir sie imitieren, um sie zum Weiterbrabbeln zu animieren.“
Ja, ich bin meiner Kleinen schon mal etwas zu ungeduldig in die Brabbelparade
gefahren, um nur ja prompte Antwort zu geben und sie zum Weiterbrabbeln zu
animieren. Danke dem Buch ist mir das bewusst geworden und ich achte nun besser
darauf. :)
Und da ich ja ein kleines Entdecker-Krabbel-Lämmchen zu
Hause habe: „Wenn wir hingegen jedem „Nein“ auch eine Begründung mitgeben,
können wir uns selbst dabei unterstützen, herauszufinden, ob dieses „Nein“ auch
wirklich notwendig ist.“ Auch hier arbeite ich schrittweise daran meine „Neins“
zu minimieren. (Ein Türschutzgitter für einen abgesicherten Katzen-Utensilien-
und -Rückzugsbereich ist bestellt. Der Katzenbrunnen und das Katzenklo sind einfach ein zu großer Magnet. ;))
„Gemeinsames Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme“
Natürlich ist für Mierau Stillen das vorzuziehende
Nahrungsmittel. Sie akzeptiert aber auch, dass Frauen ihre Gründe haben nicht
zu stillen. „Haben diese Familien schlechtere Voraussetzungen für den Aufbau
einer sicheren Bindung? Nein.“ Punkt. Dem ist für mich nichts hinzuzufügen. Die
Autorin kann an dieser Stelle jedoch noch einige Tipps zu geborgener
Flaschenfütterung beitragen.
Bindung als wichtiger Teil von Geborgenheit findet für die
Autorin vor allem im Alltag statt und dies kann dann entsprechend flexibel
ablaufen: „Wie wir im Alltag auf die Bedürfnisse des Kindes reagieren, ob wir
Brei geben oder Fingerfood, ob wir tragen oder schieben, ist nur die
Ausgestaltung des Rahmens der Wahrnehmung von Bedürfnissen.“ Ein bisschen viel „oder“
und gar kein „und“. Aber ich nehme mal an Mierau wollte den Text einfach
halten, da es ihr im Grunde um etwas anderes geht: „Auch wenn die breifreie
Beikost viele Vorteile hat, gibt es auch Eltern, die lieber Brei füttern
möchten und für die dies die entspanntere Form der Beikosteinführung ist. Und
genau das ist wichtig, wenn es darum geht, dass unsere Kinder den Umgang mit
Nahrung lernen: dass wir entspannt sind.“ DAS ist absolut meine Rede, ich würde
das sogar noch von der Nahrung auf die Welt ausweiten. Wenn wir entspannt sind,
wenn es uns gut geht, dann überträgt sich das direkt auf das Kind. Niemand von
uns kann vor dem Kind ständig verstecken und verdrängen wie ausgepowert und
gestresst wir sind. Wenn wir möchten, dass die Kinder möglichst entspannt und
damit auch glücklich und geborgen groß werden, dann müssen wir uns auch mal um
uns selbst kümmern und auch an die eigenen Bedürfnisse im Umgang mit dem Baby
denken. Für Susanne Mierau bedeutet das, dass auch Breikost damit völlig in
Ordnung geht, solange diese Gelassenheit gegeben ist. Für mich schwarzes Mutterschaf
bedeutet das, dass ich sogar so dreist bin diesen Bogen weiter bis hin zum Gläschenfüttern
zu ziehen. Es entspannt mich ungemein, meine Zeit nicht mit für mich
enervierender Essenszubereitung verbringen zu müssen.
„Körperpflege eine Zeit des Miteinanders“
Zu den Wegwerfwindeln zeigt sich die Autorin ebenfalls
wieder offen: „Achtsame Babypflege ist auch mit Wegwerfwindeln möglich, wenn
Eltern auf die Signale ihres Kindes achten und zugunsten der Körperpflege
tägliche Zeiten an der frischen Luft ohne Windeln einbauen.“ Hier freue ich
mich schon auf sommerliche Temperaturen, wo das leichter und auch draußen
praktizierbar ist. Das Wickeln war bei uns eigentlich lange eine sehr schöne
Angelegenheit, ich konnte mit Lämmchen im Rahmen der Körperpflege besonders gut
spielen, interagieren, streicheln und sie an Körpererfahrungen teilhaben lassen.
Seit sie aber krabbeln kann ist ihr Bewegungsdrang enorm gestiegen und ihr
fehlt nun ein wenig die Ruhe dafür. „Das Kind braucht kein Mobile, das es von
der Situation ablenkt, es braucht kein Spielzeug am Wickelplatz. Das Wickeln
allein ist Spiel und Aufregung genug.“, sagt Mierau. Beides brauchten wir bei Lämmchen
auch nicht, bis die gesteigerte Bewegungsfreude eintrat. Hier versuche ich jetzt
also so gut es geht das Spielzeug wieder auszuschleichen und das Wickeln interessant
genug zu gestalten, um sie bei der Sache zu halten. Das klappt je nach ihrer
Stimmung mal mehr und mal weniger gut. Es ist immer noch anstrengend für mich
uns beide beim Wickeln entspannt zu halten. Leider irgendwo ein Widerspruch.
Aber in process. ;)
„Familien müssen mobil sein – aber wie?“
Tragen hat viele Vorteile, wenn es bei beiden Beteiligten
fluppt. Das kann auch die Autorin sehr schön ausformulieren. Aber auch für den
Kinderwagen im Alltag kann sie Positives finden: „Die Unterstützung durch einen
Kinderwagen kann deswegen hilfreich und entlastend sein – und eine Entlastung
des Alltags kann sich wiederum positiv auf die Stimmung und Interaktion
auswirken.“
„Jedes Bild hat einen Rahmen – über Grenzen“
Was mich überrascht hat war ihre eigentlich recht konkreten
Ansagen im Bereich zu Erziehung und Grenzen. Lämmchens Erziehung hat eigentlich
noch nicht richtig angefangen, aber natürlich mache ich mir auch schon Gedanken
darüber und versuche mich hier im Dschungel der Ansätze und Möglichkeiten
zurecht zu finden. Das „aufgeklärte“ Nonplusultra ist heutzutage wohl die
Variante a lá „unerzogen“ (hierzu z.B. mehr in dem Blog https://diephysikvonbeziehungen.wordpress.com/),
im Sinne von: Kinder möglichst wachsen lassen wie und wohin sie wollen. Die
Eltern sorgen dabei für einen möglichst großen und sicheren Rahmen in dem z.B. die
Inhalte „Erziehung, Grenzen, Konsequenz, Regeln oder Neins“ verpönt sind. Ich
finde das grundsätzlich spannend, vom theoretischen Ansatz her.
Allerdings ist mir das alles so wenig greifbar, mir fehlen die konkreten
Beispiele im Alltag und so bin ich mir nicht sicher wie weit dieser Weg für
mich gehbar sein kann. Mierau jedoch scheut sich nicht Klartext zu sprechen: „Im
Alltag müssen wir unseren Kindern Grenzen klar kommunizieren: Manche Dinge sind
nicht verhandelbar, und kleine Kinder sind von einem Entweder-oder oder einem „könnte“
eher überfordert. Sie können Entscheidungen noch nicht alleine treffen. Oder
besser: Sie müssen Entscheidungen nicht treffen, denn dafür sind wir ihre
Eltern.“
„Fördern oder Fordern?“
Auch bezüglich dem Leistungsdenken und
Baby-Kurs-Förder-System hat die Autorin etwas beizutragen: „Wir fördern,
anstatt im Alltag ausreichend Gelegenheiten zu bieten, die das Kind fordern.“
Also kein schlechtes Gewissen, wenn die eine Bekannte viel mehr Kurse mit dem
Baby belegt hat als man selbst. Hat ein Kind einen reichhaltigen Alltag reicht
dies völlig aus. Lämmchen und ich besuchen eine geschlossene Krabbelgruppe und
eine offene, weil ich ihr den Umgang mit mehreren anderen Erwachsenen und Kindern
nicht so ausgeprägt bieten kann. Ich sehe wie sehr sie dabei aufblüht, da sie
ein sehr soziales Wesen ist. Ein wenig schlechtes Gewissen hatte ich, weil wir
keinen vielbesungenen „Baby-Schwimmkurs“ besucht haben und hier nimmt Mierau
wirklich ein wenig den Druck.
„Geborgen Schlafen“
Natürlich ist auch Schlaf ein Thema des Buches. „Vermitteln
wir ihnen (den Kindern) Sicherheit und Ruhe und sind verlässlich bei ihnen,
wenn sie sich ängstigen, lernen sie mit der Zeit sich selbst zu beruhigen. (…)
Deswegen bedeutet geborgenes Schlafen nicht nur, dass Babys im ersten Jahr in
der Nähe der Eltern schlafen dürfen.“ Bei dem ersten Teil bin ich noch ganz bei
der Buchautorin. Ich möchte mein Baby nicht schreiend alleine lassen. Das ist
grausam und einfach nicht notwendig. Sobald Lämmchen heult oder schreit, bin
ich binnen einiger Sekunden bei ihr. Meine Kleine bringt von Haus aus ein
relativ hohes Sicherheitsgefühl mit, das durch unsere Ruhe und unser Dasein (wenn
notwendig) noch verstärkt worden ist. Denn sie war immer schon sehr entspannt,
konnte auch oft einfach abgelegt werden und da einschlafen wo sie grade war,
mit uns und dem Leben rundherum. Eines Tages, etwa mit zwei, drei Monaten klappte
das plötzlich nicht mehr so. Sie quälte sich mit dem Einschlafen. Ich zerbrach
mir den Kopf darüber welches scheinbar unerfülltes neues Bedürfnis dahinter
stecken musste. Ich probierte herum woran es liegen konnte. Mein Bauchgefühl
sagte mir schließlich, dass sie vielleicht mehr Ruhe brauchte. Und so rollte ich
unser Beistellbettchen auch tagsüber vom belebteren Wohnzimmer zurück in das
ruhige und etwas abgedunkelte Schlafzimmer, legte mein müdes Mädchen dort ab,
zog mich zurück und wartete ab. Lämmchen schlief ansatzlos ein. Und das mehr
oder weniger noch bis heute. (Wenn nicht, dann ist sie einfach noch nicht müde
genug oder es liegt aufgrund Schub, Zahnen etc. eine Ausnahmesituation … vor. ;))
Wenn sie nachts wach wird
und heult, dann komme ich und lege ihr beispielweise meine Hand auf die Brust. Hin
und wieder hält meine Kleine meine Hand fest, zeigt, dass sie die Berührung
gerade besonders braucht. Manchmal schläft sie mit dieser Berührung dann ein.
Manchmal schiebt sie meine Hand aber auch bewusst weg und dreht sich zur Seite.
Dann weiß ich, dass sie nun einfach in Ruhe einschlafen möchte und ich mich
zurückziehen kann. Lämmchen verbrachte also schon nach zwei, drei Monaten die
ersten Stunden der Nachtruhe in unserem Schlafzimmer alleine, bis wir selbst
ins Bett gingen. Neuerdings mit den getrennten Schlafzimmern verbringt sie
grundsätzlich die ganze Nacht allein. Die Buchautorin zieht diesbezüglich eine
magische Grenze mit einem Jahr. Bis dahin schlafen die Kinder geborgen in der
Nähe der Eltern. Danach wohl auch geborgen in getrennten Zimmern. Ich weiß
nicht ob diese Grenze als ungefähre Richtlinie oder als Minimum gedacht ist
oder mit welchen Überlegungen sie festgelegt worden ist. In unserem Fall
unterschreite ich dieses Limit um ca. 2 Monate. Zwei Monate, die ich in unserem
Fall als durchaus gerechtfertigt sehe, eben weil mein Kind immer schon sehr
entspannt mit dem Alleineschlafen umgegangen ist (solange jemand kommt, wenn
sie es braucht).
„Eltern und Kinder
zuerst“
Besonders schön (und) zu meinem Blog passend finde ich das
abschließende Thema: Eltern und
Kinder zuerst. „Es stimmt nämlich nicht, dass die Kinderbedürfnisse über allem
stehen. Wenn ich glücklich bin, kann ich auch einen entspannten und glücklichen
Tag mit meinem Kind verleben.“
Und weiter plädiert sie: „Es gibt kein Besser
oder Schlechter, weil wir von außen die wirklichen Beweggründe für
Entscheidungen, die andere Eltern treffen, nicht kennen oder sie vielleicht aus
unseren Erfahrungen heraus gar nicht nachfühlen können. Deswegen steht uns auch
keine Bewertung dessen zu, was für jede einzelne Familie richtig wäre.“
Es geht
auch nicht darum Supereltern zu sein und jederzeit alle Bedürfnisse des Kindes
prompt zu befriedigen. Man sollte dem Baby auch die Gelegenheit geben,
Selbstregulation zu erlernen und zu erfahren. Die Autorin bringt an dieser
Stelle auch das Beispiel mit dem selbstständigen nächtlichen Wiederein- bzw.
umgangssprachlichen Durchschlafen. Sie teilt grundsätzlich die Meinung von
Donald Winicott, der eine „ausreichend gute Mutter“ der „zu guten Mutter“
vorzieht.
„Schlusswort“
„Doch der Weg in eine glückliche Kindheit kann auch ganz
anders aussehen. Er kann in einer Klinik beginnen, mit künstlicher
Säuglingsnahrung weitergeführt werden und ganz ohne Abhalten und Stoffwindeln
und ohne Tragetuch passieren.“
Das ist es was ich meine. Mit den ganzen (modernen aber auch
alten) „Erziehungs“-Ansätzen in der Baby- bzw. Kinderwelt kommt schnell der
Gedanke auf, diejenige die diese oder jene Praxis erfüllt ist eine bessere
Mutter als jene die es nicht macht – oder umgekehrt.
Jeder kann sich den Ansatz suchen, der am besten zu einem
passt. Es ist weniger das was, es ist das wie. Was nützt es dem Kind wenn es alleine
geboren, getragen, gestillt, abgehalten etc. … wird, wenn die Mutter gestresst,
erschöpft, launisch, frustriert oder cholerisch ist? (Dass wir das alle mal
sind und sein können, steht dabei außer Frage, ich spreche von überwiegend dauerhaften
Zuständen.)
Beenden möchte ich meinen literarischen Ausflug mit folgendem
Abschlusssatz der Autorin: „Bleiben unsere Augen offen und unsere Herzen
bereit, unseren Alltag immer wieder neu aus der Kinderperspektive zu betrachten,
haben wir damit die einzig wirklich wichtigen Zutaten für ein geborgenes
Aufwachsen gefunden.“
Wie bereits eingangs erwähnt, war dies eine sehr persönliche
und spezielle Rezension des Buches „Geborgen Wachsen“ von Susanne Mierau. Wer
neugierig geworden ist und noch mehr wissen will: Das frühe Vogerl verlost
bis zum 3. Mai ein paar Exemplare des Buches:
Euer sich schon nach dem nächsten Buch umsehendes schwarzes
Mutterschaf
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